Baggersee Schragenberg

- Weite Teile inzwischen nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützt

- Meldung: Firma will Planfeststellungsbschluss ändern lassen!


Die IfaB-Experten schauen beim Kartieren mal rüber übern See vom Schragenberg nach Postmoor Foto: H. - J. Feindt
Die IfaB-Experten schauen beim Kartieren mal rüber übern See vom Schragenberg nach Postmoor Foto: H. - J. Feindt

Dieses ehemalige Sandabbaugelände in der Gemeinde Nottensdorf ist ein außergewöhnlich vielfältiges Biotop. Der Sandabbau hat einen See hinterlassen der vom Grundwasser gespeist wird. Seit Stilllegung der Betriebsfläche soll lt. Planfeststellungsbeschluss aus 2006 des Landkreises Stade das Gelände der Sukzession überlassen werden. Viele Arten der Flora und Fauna haben dort inzwischen ein Refugium gefunden.

 

"Sukzession" definiert den natürlichen Vorgang, bei dem Tiere, Pflanzen und Pilze in ein Ökosystem zurückkehren, welches vorher weitestgehend zerstört wurde. 

 

Wir vom NABU Kreisverband Stade  möchten das Gelände schützen, indem wir den besonderen Wert für Natur und Landschaft beschreiben. Eine geplante Bebauung wollen wir verhindern! Wir solidarisieren uns hier besonders mit vielen Bürgerinnen und Bürgern der Ortsteile Schragenberg (Nottensdorf) und Postmoor (Bliedersdorf) und haben daher auch Ende 2022 einen Spendenaufruf gestartet. Die Anwohner haben im Rahmen einer Bürgerinitiative zeitgleich zu einer Unterschriftensammlung  aufgerufen!

 

Auch wollen wir uns dafür einsetzen, dass die Bürger das Gelände unter gemeinsam vereinbarten Regeln behutsam und unter Beachtung des Naturschutzes wieder nutzen können.

 

Leider sind wir augenblicklich nicht in der Lage, für den Schutz dieses Gebietes weiter zu sorgen.  Nach einer von uns beauftragten ersten Kartierung  durch das Institut für angewandte Biologie (IfaB) aus Freiburg/Elbe am 13.07.2021 hat der Eigentümer der Fläche gegenüber uns ein Betretungsverbot ausgesprochen! Bei der durchgeführten Kartierung wurde zunächst ein Schwerpunkt auf das Pflanzenvorkommen gelegt. In weiteren Schritten waren weitere Kartierungsmaßnahmen (Amphibien, Wirbeltiere, Vögel, Insekten, Fledermäuse etc.) geplant. In der abschließenden  Kurzcharakterisierung des IfaB heißt es: "Das Vorkommen von z. T. geschützten Tierarten, wie Rebhühnern, Eisvogel, Uferschwalben, Haubentauchern sowie zahlreichen Insektenarten (Libellen, Laufkäfer, Wildbienen etc) unterstreicht die große naturschutzfachliche Bedeutung des ehemaligen Abbaugeländes."

 

Die erwähnte erste Kartierung hat nach Überprüfung durch das Naturschutzamt des Landkreises Stade am 27. Juni 2023 dazu geführt, dass weite Bereiche des ehemaligen Abbaugeländes nach § 30 BNatSchG als gesetzlich geschützt erklärt wurden! Der Eigner, so das Naturschutzamt, sei schriftlich informiert worden. Ein kleiner Zwischenerfolg unserer Bemühungen.

Baggersee-Gelände gegliedert nach Biotop-Typen § 30 BNatSchG
Baggersee-Gelände gegliedert nach Biotop-Typen § 30 BNatSchG

Das Baggersee-Gelände  ist außerdem ein wertvolles Trittsteinbiotop als Teil des Biotopverbundes zwischen dem NSG Aueniederung und Nebentäler, dem Feuchtwiesenbereich Bullenbruch und dem NSG Neukloster Holz!

Im Osthang befinden sich im Sandboden eine große Zahl gefährdeter erdnistender Wildbienen, zum Beispiel die Blattschneiderbiene oder die Grabwespe und andere Insekten z. B. viele Schmetterlinge, die die artenreiche Magerwiese als Nahrungsquelle nutzen sowie auch der Dünensandlaufkäfer.

 

Die Gemeinde Nottensdorf plant nunmehr auch noch, direkt neben dem Baggersee liegend, in dem bereits seit 2013 amtlich ausgewiesenen Biotopverbindungskorridor (siehe Karte) ein ca. 20 ha großes Gewerbegebiet errichten zu lassen! "Perspektivisch" so heißt es jetzt im Entwurf zur 12. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde Horneburg, soll sich dieses "gemeinsame Gewerbegebiet" erweitern auch auf Flächen der Gemeinde Bliedersdorf!  So würden insgesamt bis zu ca. 40 ha wertvolle Vorbehaltsflächen für die Landwirtschaft  in Gewerbeflächen umgewandelt werden!  Hat Natur noch eine Chance?

 

Die Fläche des geplanten Biotopverbindungskorridors zwischen Auetal und Bullenbruch. Auszug aus dem Landschaftsplan der SG Horneburg. Diese Planung ist identisch mit dem Landschaftsrahmenplan des Landkreises! Rote Pfeile mit Erläuterungen: NABU Stade
Die Fläche des geplanten Biotopverbindungskorridors zwischen Auetal und Bullenbruch. Auszug aus dem Landschaftsplan der SG Horneburg. Diese Planung ist identisch mit dem Landschaftsrahmenplan des Landkreises! Rote Pfeile mit Erläuterungen: NABU Stade

 

Auf den höher gelegenen Plateauflächen des Baggersees sowie den daneben liegenden Landwirtschaftsflächen wurden Rebhühner beobachtet, das bisher weitaus größte Vorkommen im Radius von 50 km. Hier, auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen zwischen Baggersee und dem Feld- und Wanderweg "Bliedersdorfer Heuweg" wurden auch Bestände von Feldlerchen dokumentiert!

Zahlreiche Brut- und Rastvögel besuchen das Gelände rund um den Baggersee. Im westlichen Schilfgürtel brüten Schilfrohrsänger, am östlichen Hangbereich die geschützten Rebhühner. Im Bereich vielfältiger Ufervegetation jagen Fledermäuse nach Insekten. Im Südhang nisten hunderte Uferschwalben, die Nester/Höhlen im Osthang wurden durch den Betreiber des Sandabbaues bereits zerstört.

 

Was hat der Planfeststellungsbeschluss aus 2006 mit dem Flächennutzungsplan zu tun?

Die Samtgemeinde Horneburg möchte ihren Flächennutzungsplan (12. Änderung) bezüglich der Flächennutzung in den kommenden ca. 10 Jahren für alle Mitgliedsgemeinden auf die zu erwartende - auch demografische - Entwicklung ausrichten und daher entsprechend ändern. Der Flächennutzungsplan (FNP) ist ein Instrument der räumlichen Planung, in dem die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung einer (Samt-) Gemeinde kartografisch und textlich dargestellt wird. Er wird durch die (Samt-) Gemeinde als Ausdruck ihrer Planungshoheit aufgestellt, erstreckt sich auf das gesamte Gemeindegebiet und ist durch die höhere Verwaltungsbehörde (in unserem Fall, dem Landkreis Stade)  zu genehmigen. Heißt: Die Mitgliedsgemeinden müssen sich bei z. B. späteren Bauvorhaben an die Vorgaben aus diesem Flächennutzungsplan halten! Dieser gibt den Rahmen für Detailplanungen (z. B. Bebauungsplan) vor.

 

Die Gemeinde Nottensdorf und die Samtgemeinde Horneburg weisen im jetzigen Plan-Entwurf ein Gebiet für Wohnbebauung auf dem Ost-Hang des Baggersees aus. Die Bezeichnung im Entwurf heißt: "Not 3".  Direkt nebenan wird im Entwurf des FNP zusätzlich ein großes Gewerbegebiet ("Not 13") ausgewiesen, das sich nach den textlichen Erläuterungen zu einem gemeinsamen Gewerbegebiet für Nottensdorf, Horneburg und Bliedersdorf weiterentwickeln soll. Auch soll dieses Gewerbegebiet sich räumlich  auf Flächen der Gemeinde Bliedersdorf erweitern bis hin zur K 37, der Kreisstraße zwischen Postmoor und Bliedersdorf. Das Gebiet könnte bis zu ca. 40 ha groß werden und auch entsprechend landwirtschaftlich genutzte Flächen vernichten!

 

Zurück zur Planung der Bebauung auf dem Ost-Hang ("Not 3"): Im Jahre 2006 hat der Landkreis nach jahrelangen Bürgerprotesten einen "Planfeststellungsbeschluss" erlassen, der festschreibt, dass nach Ende der Sandabbaumaßnahmen das gesamte Gebiet der Sukzession überlassen wird! "Sukzession" - wie bereits oben erwähnt -  definiert den natürlichen Vorgang, bei dem Tiere, Pflanzen und Pilze in ein Ökosystem zurückkehren, welches vorher weitestgehend zerstört wurde. 

 

Beispielsweise kann nach diesem Beschluss des Landkreises aus 2006 keinerlei Bebauung stattfinden!

 

Jetzt (24. Oktober 2024) hat aber das Sandabbauunternehmen beim Landkreis beantragt, den Planfeststellungsbeschluss aus 2006 zu ändern, so dass letztendlich der Schutzstatus "Sukzession" nicht mehr (im vollen Umfang ?) greifen würde.  Der Landkreis wird also darüber entscheiden, ob eine Bebauung wider aller bisherigen Regelungen und Beteuerungen sowie den damaligen Zusagen an die Bürger vor Ort  möglich wird!

 

Eine Bebauung am Ost-Hang kann also erst dann in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden, wenn dem Antrag des Sandabbauunternehmens positiv durch den Lankreis entsprochen wird. Das wollen wir verhindern!


Das TAGEBLATT berichtete am 29. November 2022 mehr


Unser Aufruf von Mitte 2024  an die Bürger zur Stellungnahme zur geplanten Änderung des Flächennutzungsplans mehr


Unser Spendenaufruf "Baggersee Schragenberg" mehr


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NABU-Stelllungnahme 23.06.2023 im Rahmen der öffentlichen Auslegung zum FNP
Stellungnahme 12 Änderung FNP Frühzeitig
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Regional bedeutsame Verbundachsen im LK Stade
Regional bedeutsame Verbundachsen LRP St
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