Das Aschhorner Moor, und hier sie Vernässungsfläche A2 der Euflor-Humuswerke, ist seit wenigen Jahrzehnten Ziel vieler Vögel.
Große, flache Wasserflächen haben sich inmitten des vierzig Hektar großen Vernässungsbereiches eingestellt, das eines der ersten Renaturierungsmaßnahmen nach Torfabbau 1992 war. Eigentlich war dieser Überstau nicht so gewollt, meidet doch die Zielpflanze „Torfmoos“ windexponierte Wasserflächen vor allem in einer solchen Größe. Aber dies hätte nur durch zusätzliche Unterteilung der Fläche vermieden werden können.
Die touristische Erschließung, auch mit dem Moorkieker des Vereins zur Förderung von Naturerlebnissen e. V., hat dann zu dem Schluss geführt, die Wasseransammlung in dieser Senke, einem ehemaligen Priel oder Flusslauf der Elbe, zu fördern. Eine reiche Brutvogelwelt im Sommer mit der Lachmöwe als Koloniebildner und im Winter in frostfreien Zeiten eine ebenso reiche Rastvogelwelt mit Stock-, Krick-, Löffelenten und Grau-, Bläss- und Weißwangengänse hat uns dazu bewogen, diesen Zustand zu unterstützen.
Ein Erlebnis ist es, erst das bei Tage ruhige Moor wahrzunehmen und dann mit Beginn der Dämmerung die ersten Rufe
der in kleinen Trupps eintreffenden Blässgänse zu vernehmen und sie dann auch zu sehen. Zunächst über die Fläche kreisend setzen sie, in einer Spirale sich absenkend, auf die Wasserfläche. Immer
dabei rufend. Weitere Trupps kommen aus verschiedenen Richtungen eingeflogen, dann dazwischen das erste Trompeten der Kraniche, die wiederum aus Nord und Süd in kleine Trupps einfliegen. In ihrer
Erscheinung sind sie imposanter, ihr Flügelschlag weitaus majestätischer.
Das Trompeten mischt sich mit den Rufen der Blässgänse zu einem vielstimmigen Gesang.
Wer dann genau lauscht, vernimmt auch zarte, piepsende Töne, es sind die diesjährigen Nachkommen der Kraniche, die in Begleitung ihrer Eltern in Trupps fliegen. Zum Abend hin werden auch die Flug- (und Fress-) Gemeinschaften der Kraniche und Blässgänse größer. Ungeordnet kommen meist die Blässgänse eingeflogen, nahezu übermütig mutet ihr Abstieg zur Wasserfläche an, wenn sie in den Torkelflug übergehen. Man traut diesen großen Vögeln eine derart akrobatische Flugweise gar nicht zu. Bei den Kranichen geht es gesitteter zu. Sie fliegen vielleicht noch eine Ehrenrunde, bevor sie im seichten Wasser oder auf dem teils bewachsenen Torfschlammbänken landen. Nach etwa zwei Stunden, wenn dann die Nacht eingebrochen ist, sind alle versammelt, und es wird weiter gerufen, aber dezenter. Wer sich gut mit Vogelstimmen auskennt, vernimmt noch die Rufe von Saat-, Weißwangen-, Kanada- und Graugans, vielleicht auch noch den lauten Zwischenruf der Stockente, die aber nur in kleiner Zahl dabei sind.
Das ganze Ereignis ist ja eigentlich nicht mit dem abendlichen Eintreffen der Vögel zu Ende. Am nächsten Morgen geht es wieder zurück in die Äsungsflächen, die abgeernteten Rapsfelder und das Grünland sowie die frischen Getreideeinsaaten.
Erst mit aufgehender Sonne kommt Unruhe in die Rastbestände. Besonders eindrucksvoll sind die hellfiedrigen Kraniche
zwischen den abgestorbenen Birken zu sehen. Hier und da löst sich ein kleiner Trupp erst der Blässgänse und verlässt die Übernachtungsstätte, auch kleine Kranich-Trupps folgen. Irgendein Auslöser
führt zum großen Aufbruch der Blässgänse, die Luft ist erfüllt von deren Rufen und der Himmel verdunkelt sich. Nicht ganz einheitlich erfolgt der Aufbruch in Trupps, einige kehren nochmals um. Immer
wieder fliegen einzelne Gänse zurück und überqueren die Fläche. Auch die Kranich-Gesellschaft löst sich langsam auf. Aus den verschiedenen „Rasteinheiten“, verteilt über die überstaute
Moorlandschaft, entfernen sich kleine Trupps.
Es kommt dann zu größeren Abflügen, die in breiter Front tieffliegend das Areal verlassen. Einige verbleiben noch länger, bis auch sie sich erheben. Dabei kommt es vor, dass ein Kranich-Kind den
Abflug „verschläft“ und dann einsam piepsend zurückbleibt. Bis es dann doch noch abgeholt wird.
Mit dem Abzug von Kranich und Gans ist die Fläche wieder frei für Stock-, Löffel-, Kriekente. Ein Habicht macht seinen allmorgendlichen Flug und Eisvogel sowie Kiebitz lasen sich sehen. Auch eine Bekassine, die im benachbarten nicht überstauten Vernässungsflächen die Nacht verbrachte, überquert im niedrigen Flug die Felder.
Den Tag beherrschen dann Kleinvögel, wie Meise, Zaunkönig, Hänfling, Rotkehlchen und Eichelhäher, Rabenkrähe und Kolkrabe.
Text: Georg Ramm, Fotos: Reinhard Paulin